Balkon mit Seeblick
Rede, gehalten von Katharina Hausel anläßlich der Vernissage
am 10.10.2009 in der Galerie Medial, Berlin |
Das Bild mit dem Titel "Aufstrebende Medusen"
vermittelt seinerseits eine seltsame Leichtigkeit, deren Geheimnis in
der Unfassbarkeit von emotiv erfahrbaren Schichten liegt, mit einem
Traum vergleichbar. Der Malgrund besteht aus einer alten Malplatte,
die bereits vor langer Zeit grundiert war. Da scheinen kleine kalligraphische
Zeichen auf, kaum zu sehen, als ob sie auftauchten und wieder verschwänden.
Solcherart Zeichen, die nicht immer deutbar sind, weisen auf ein "Mehr"
hin. Von der Malerin aufgespürt, sind sie delikat akzentuiert worden.
Dieser Eingriff holt die Herkunftsgeschichte des Materials wieder ein
und setzt es in die Gegenwart.
In ihrer intensiven Auseinandersetzung mit der Materie, der Farbe und
den Materialien, die sie - Strandgut gleich - draußen auf-fischt,
im Auf-tragen und Ab-tragen, im Hinzu-fügen und Weg-kratzen, bildet
Stephanie Krumbholz Schichten. Besser: sie lässt eine Bildung von
Schichten zu, die so gewissermaßen innere Schichten auf den Bildträger
übertragen, um sie nach außen, an die Betrachter, zu vermitteln.
Deutlich wird das vor allem, wenn sie ehemals abgeschlossene Arbeiten
erneut bearbeitet, übermalt und wieder abschabt, so dass Arbeitsprozesse
aus unterschiedlichen Phasen zusammen kommen und ein neues Bild ergeben;
dahinter oder darunter vibriert immer noch Erahnbares.
In "Sie warteten alle 3 darauf, dass das Meer sie freigäbe" lesen
wir schwarze Schiffchen oder Fische. Doch das Gemälde lebt vor
allem von dem geradezu tragisch wirkenden Element der Kratzer und Abreibungen
der verletzten Maloberfläche, die dem Ganzen einen aufgewühlten
Ausdruck verleihen.
Der Titel stammt von dem letzten Satz aus Eduard von Keyserlings Roman
"Wellen", an dessen Ende die Protagonistin mit einem Mann am Strand
auf und ab geht und wartet, dass ihr geliebter, doch ertrunkener Maler
zurück gespült werden möge. Das Gemälde evoziert
eine geradezu bedrohliche Nervosität im Kontrast aus sanfter Farbigkeit,
konterkariert durch schwarze Zeichen und gestische Schürfungen.
Dabei kommen die großen Werke beinahe so leichtfüßig
daher wie die kleinen. |